Die geschichtliche Entwicklung

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Die durch Karl den Großen gegründete "Frankenschola" war eine der zahlreichen landsmannschafltichen Einrichtungen Roms, die sich im gesamten Stadtgebiet und insbesondere auch in der Nähe des Petersdoms befanden. Sie waren Anlaufstellen für Pilger und Landsleute aus einem bestimmten Landstrich bzw. Sprachraum. Das Gebiet der Einrichtung übertraf wohl das des heutigen Campo Santo Teutonico und verfügte über einen Kirchenbau, mehrere Gebäude und einen Friedhof.

 

Die Einrichtung verfiel in der Zeit des abendländischen Schismas (1378-1417) und befand sich im 15. Jahrhundert in schlechtem Zustand. Das veranlasste Friedrich Frid, einen Mann aus Magdeburg, sich Mitte des Jahrhunderts als Totengräber zu engagieren – er soll allein im Heiligen Jahr 1450 auf dem Boden des Campo Santo Teutonico 3.500 Tote, vorrangig Pilger, bestattet haben! Außerdem kümmerte er sich hier in althergebrachter Tradition um arme Pilger und Fremde deutscher Zunge und setzte bestehende Gebäude wieder instand. Sein aufopferndes Engagement bewirkte, dass sich eine Gruppe von deutsch- und flämischstämmigen Mithelfern, darunter auch Kurialen um ihn sammelte und gab den Impuls für die Gründung einer Arme-Seelen-Bruderschaft im Jahr 1454. Zentrales Anliegen war es, Pilgern und Fremden eine würdige letzte Ruhestätte zu geben, zudem das christliche Totengedenken, die Pflege des Gottesdienstes, die Betreuung von Pilgern und die Sorge für bedürftige und kranke Landsleute. Der Bruderschaft wurde das Grundstück, das den Kanonikern von St. Peter gehörte, übereignet. Zum Jubiläumsjahr 1500 konnte man die heutige Kirche Santa Maria della Pietà einweihen. 1579 erhob Papst Gregor XIII. die Bruderschaft zur Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter Gottes beim Campo Santo der Deutschen und Flamen.

 

Im 19. Jahrhundert war mit der Entstehung zahlreicher nichtkirchlicher Unterkünfte in Rom die Notwendigkeit der Pilgerhospize nicht mehr so stark gegeben. Damit stellte sich die Frage nach einer modernen, zeitgemäßen Nutzung des Campo Santo. Damals entwickelte sich die Christliche Archäologie zur wissenschaftlichen Disziplin und erlebte einen erheblichen Aufschwung. Rom wurde kirchliches Studienzentrum von weltweiter Bedeutung. In der Zeit des preußischen Kulturkampfes war Rom für deutsche Geistliche ein ganz besonderer Kraftort und vielfach auch Aufenthaltsort von Geistlichen, die im Deutschen Reich nicht wirken konnten. Unter Rektor Anton de Waal (1873-1917) entstand 1876 am Campo Santo das Priester-Kolleg als Studienzentrum mit Bibliothek und frühchristlichen Sammlung. 1888 erhielt das Römische Institut der Görres-Gesellschaft im Kolleg seinen Sitz. Die Erzbruderschaft stellt den beiden Institutionen die Gebäude des Campo Santo Teutonico unentgeltlich zur Verfügung. Seit der Gründung des Vatikanstaates im Jahr 1929 durch die Lateranverträge genießt der Campo Santo den Status der Exterritorialität. 1943/44 fanden während der deutschen Besatzung Roms etwa 50 Gefährdete im Campo Santo Teutonico Schutz und Zuflucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpften die Erzbruderschaft, das Priesterkolleg und das Görres-Institut an ihre bereits eingespielte Zusammenarbeit wieder an. Der Campo Santo erlebte einen raschen Aufschwung, der sich in den 1960er und 1970er Jahren in einer groß angelegten Renovierung und Erweiterung der Gebäude niederschlug. Unter dem fast 36-jährigen Rektorat Erwin Gatz (1975-2010), der in Personalunion auch Direktor des Görres-Instituts war, setzte eine Phase der institutionellen Konsolidierung und wissenschaftlichen Profilierung ein.

 

 

Hier können Sie die Biogramme der Rektoren des Campo Santo Teutonico seit 1873 einsehen.
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Anton de Waal, der Begründer des Priesterkollegs am Campo Santo Teutonico (1876), war in den ereignisreichen Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg eine Schlüsselfigur des deutschen Katholizismus in Rom. Seit 1868 in der Ewigen Stadt, prägte er von 1872 bis zu seinem Tod am 23. Februar 1917 als Rektor die sog. Deutsche Nationalstiftung am Campo Santo Teutonico. De Waal wusste durchaus um seine führende Position in der „deutschen Kolonie“. Vermutlich hätte er gerade deshalb seine Zustimmung zu der im November 2017 abgehaltenen Tagung "Päpstlichkeit und Patriotismus" gegeben, die anlässlich seines 100.Todestages nicht seine Person in den Mittelpunkt stellte, sondern die Fragen diskutierte, mit denen er sich zeitlebens beschäftigt hat.

Seine Lebensspanne steckt jenen zeitlichen Rahmen ab, in dem der deutsche Katholizismus in Rom in der Spannung zwischen päpstlicher Loyalität und nationaler Integration seinen Weg finden musste.

Am Anfang stand das doppelte Epochendatum 1870/71, markiert durch das italienische Risorgimento mit dem Untergang des Kirchenstaates in Italien und durch die Reichsgründung in Deutschland. Beide Ereignisse drängten den Katholizismus in die Defensive: In Italien schwelte die ungelöste Römische Frage, im Reich tobte der Kulturkampf. Alles war überlagert vom wachsenden Nationalismus, der 1914 in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs führte.

Die Wege und Umwege der deutschen Katholiken in Rom auf der Suche nach ihrem religiös-konfessionellen und ihrem politischen Ort, ihrer kirchlichen und ihrer nationalen Positionierung in den Jahrzehnten zwischen 1870/71 und 1914/18 standen im Zentrum der Tagung.

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